(22-08-2024, 02:19)Mjchael schrieb: Erzähle das mal Klavierspielern.
Wieviele Linkshänder-Klaviere gibt es und Wieviele Linkshändergeigen?
Wieviele Linkshänderflöten, und wieviele Linkshänder-Taststuren für den PC? Wieviele Linkshänder-Autos gibt es? Oh, halt, verdammt viele, aber die fahren alle in England.
Ich folieren Fahrzeuge von links nach rechts, und von rechts nach links.Ich kann von links und von rechts einen Katheter schieben. Mein Bruder kann beidhändig schreiben und zeichnen. Er ist Linkshänder und ich bin Rechtshänder.
Aber so wird es immer sein. Es gibt verschiedene Erfahrungen.
Letztlich kommt es auf Versuch und Irrtum an. Nicht jeder Rechtshänder kann so einfach um lernen. Und möglicherweise kann auch nicht jeder Linkshänder eine Rechtshändergitarre spielen.
Meinen Linkshänder-Schülern hatte ich geraten, es auszuprobieren. Wenn es nicht klappt, werden wir weitersehen. Es gab augenscheinlich keine erkennbaren Probleme.
Wenn es einem aber grundsätzlich falsch vorkommt, soll man ruhig eine Linkshänder Gitarre nehmen.
Gruß Mjchael
Danke für die ausführliche Antwort dazu - tatsächlich sind die Argumente darin nicht so richtig neu
.
Ich habe festgestellt, das vor allem im klassischen Instrumentenbereich der dogmatische Ansatz sehr sehr stark forciert wird. Es gibt sogar eine grauenhafte Studie einer Musikschule die im Prinzip darzulegen versucht, das es kein Problem gäbe und sich dabei aber höchst unwissenschaftlich verrennt. Ich denke gerade dort wo es um Orchester geht und Sitzordnungen, Traditionen und generell ein eher "rückwärts" ausgerichtetes konservatives Umfeld, da gibt es massiven Widerstand gegen die Vorstellung, das Linkshänder ein für sie optimiertes Instrument benötigen könnten. Weiterhin halte ich nichts davon so unterschiedliche Instrumente einfach über den Kamm zu scheren. Nur weil es bei einer Flöte weniger Unterschied macht, muss daraus nicht folgen, dass Gitarre sich genauso spielt. Von Folieren von Autos oder Kathetern fang ich gar nicht erst an ^^ - Ich denke das muss man nicht vertiefen oder?
Nichtsdestotrotz gibt es tatsächlich Links-Händer-Klaviere! Siehe z.B. Gésa Losó und Blüthner Konzertflügel für Linkshänder. Er und ein paar weitere Pianisten haben nach jahrzehntelangem rechtshändigen Spiel für sich die Vorteile eine linkshändigen Spielweise auch am Klavier entdeckt. Dort ist es eben insbesondere das Melodiespiel, welches üblicherweise von der dominanten Hand gespielt wird. Bitte nicht falsch verstehen! Das ist sehr exotisch, aber man sieht dennoch, das es auch hier einen Unterschied macht. Gegen eine weitere Verbreitung spricht dabei mindestens wie teuer diese Instrumente sind und auch wie dogmatisch und konservativ der Bereich Klassik nunmal ist. Beim Gitarrenspiel in Pop/Rock und der relativ simplen "Grassroots-Bewegung" ala Hendrix (einfach umdrehen und umspannen) haben sich normale Spielweisen eben auch bei Linkshändern mit Gitarre viel leichter durchsetzen können.
[url=https://www.linksgespielt.de/gezaloso][/url]Generell ist das Argument: "Ist nicht extrem verbreitet deshalb ist es nutzlos" immer schwierig wenn wir von etwas sprechen das eben im Zweifeln nur 10% der Bevölkerung betrifft. Für diese 10% kann es aber eben wirklich sehr entscheidend sein.
Ich verstehe nicht so sehr wieso Du darauf hinweist, das ein Rechtshänder umlernen wollen würde? Immerhin gibt es für Rechtshänder doch eigentlich praktisch keinen Bedarf dazu. Die Rechtshändergitarre ist ja nunmal leicht verfügbar und jeder sagt einem man soll mit dieser lernen. Natürlich wird es eine sehr sehr kleine Minderheit von Rechtshändern geben die es irgendwie praktischer finden rechts die Akkorde zu greifen... diese können ja dann diese "alternative Spielweise" lernen. Ebenso wie manche Gitarristen sich entscheiden mit den hohen Seiten nach oben zu spielen. Dennoch wird man doch wohl nahezu jedem rechtshändigen Neuling erstmal sagen er möge wie >90% der Gitarristen eine Rechtshändergitarre nehmen und damit anfangen. So wird er auch am besten von den Erfahrungen anderer profitieren.
Ich kann verstehen, warum Du es Deinen Linkshänder-Schülern erstmal empfohlen hast anders zu spielen als jeder sonst. Die Empfehlung ist getrieben davon wie "häufig" eben eine Rechtshändergitarre anzutreffen ist, wenn 90% der Gitarristen solche spielen. Dennoch sollte man sich bewusst machen, das man dem Linkshänder empfiehlt es _anders_ zu machen als nahezu jeder andere Gitarrist. Sich eine Gitarre zum spielen zu suchen ist etwas das man im Leben insgesamt ein paar mal macht. Akkorde zu greifen und Saiten anzuschlagen oder neue Dinge auf der Gitarre zu lernen wird man dagegen viel viel häufiger machen. Man wird wohl auch wesentlich häufiger auf der eigenen Gitarre spielen als auf irgendwelchen anderen. Wieso sollte also gerade der "Kauf" einer Gitarre das sein worauf man hier optimiert? Wäre es nicht wesentlich sinnvoller darauf zu optimieren wie man leichter spielen und leichter lernen und seine angeborenen Fähigkeiten besser nutzen kann? Genau deshalb empfehle ich Linkshändern grundsätzlich erstmal eher zum Linkshänderinstrument zu greifen. Sollte es damit - wider erwarten - gar nicht klappen... dann gehören sie vielleicht zu den seltenen Fällen die eben "andersrum" spielen müssen (Akkorde dominant greifen). Zu oft hab ich allerdings Linkshänder mit Rechtshänderinstrumenten scheitern sehen.
Grundsätzlich finde ich aber auch gut, dass Du da nicht wie so manche der "Alten" dogmatisch versuchst Rechtshändergitarren aufzuzwingen.