Also ich muss jetzt auch mal zu all dem Gesagten Stellung beziehen.
Grundsätzlich, um mal kurz zum eigentlichen Thema zurückzukommen, denke ich, dass Webdesign eine ähnlich komplexe Sache ist wie z.B. das Design einer Zeitschrift. Wenn das Ergebnis nicht gut aussieht, dann erscheint es zunächst einmal uninteressant, denn wir Menschen werden als echte Augentiere immer zuerst auf äußerliche Sachen achten. Das fängt bei der Farce der gepredigten \"inneren Werte\" in zwischenmenschlichen Bereichen an, die man vergessen kann, da der Ersteindruck (!) bei normalen Bekanntschaften IMMER auf visuellen Reizen beruht. Und es hört schließlich bei Medien wie Zeitschriften oder Websites auf. Auch hier zählt der Ersteindruck, der rein optische Charakter, viel. Schlecht designte und optisch nicht anspruchsvolle Zeitschriften bleiben in den Kioskregalen liegen (der Hauptgrund, warum einen von überall her leicht bekleidete Damen etc. anlächeln), schlecht designte Websites erscheinen als langweilig, ja, gar schlampig und man klickt sie binnen eines Blinzelns weg. Das ist bei Websites noch viel schlimmer als bei Printmedien, da der fleißige Surfer schon so viele Websites gesehen hat, dass er quasi übersättigt ist und deshalb \"hässliche\" Sites von vornherein in eine bestimmte Kategorie, nämlich die der nervigen, unübersichtlichen \"Anfänger-Frontpage-User-Code-Quäler-Amateurseiten\". Das ist zwar grundsätzlich mal nicht schön, aber es ist menschlich - wir leben in Stereotypen. Diese Verdammung machen wir auf genau die gleiche Weise, wie wir die drei Dutzend morgens in unserem Briefkasten gefundenen Werbekataloge mit tollen Preisangeboten für Blaubeeryoghurt ungesehen in die Mülltonne schmeißen - wir können es einfach nicht mehr sehen. Eben dieser \"Schnauze-Voll-Effekt\" wirkt sich nun sehr nachteilig auf nachlässig oder durch Zeitmangel oder Unvermögen schlecht gestaltete Websites, die dennoch passablen Inhalt haben, aus. Schlimm sind hier oben schon angesprochene Augenquäler, die bunt flimmernde Riesen-Schriften auf knallgelbem Hintergrund oder mindestens 18,5 Schriftarten pro Textzeile verwenden. Leute, die solche Seiten bauen, gehören meiner Meinung nach hinter Schloß und Riegel

Zum Glück ist das ja heute die Ausnahme. Die Weiterentwicklung sieht aber nicht wirklich besser aus. Die heute absolut vorherrschende Kategorie unter den Amateur-Seiten ist die mit Frontpage standardisiert designte, mit kürzlich gelernten Funktionen überhäufte, von irgendwo downgeloadeteten Java-Scripts durchseuchte (ich sag nur: niedliche kleine Viecher, die dem Mauszeiger nachfliegen oder seltsame Menüs, die, während sie sich unübersichtlich verschachteln, wild mit Farben und Blitz-Effekten um sich schmeißen), mittels schlechten, tölpelhaften, sinnleeren Flash-Animationen, die unheimlich cool sein sollen, vergewaltigte und mit transparenten, jedoch nicht zum Hintergrund passenden Anti-Aliasing-GIFs (die tollen durchsichtigen Bilder, die auf dunklem Hintergrund immer so einen drolligen, weißen, verpixelten Rand haben) versetze HTML-Code-Müllkippen. Darüber gibt es dann noch die erträgliche Mittelklasse (wie sie von versierteren Frontpage-Usern gebastelt werden, siehe Sven), die Oberklasse (siehe diese Seite), die unterhaltende kommerzielle Klasse (fachmännisch designt, jedoch von mit jedem Mausklick erscheinenden Werbefenstern erdolcht - Fernsehsenderhomepages gehören z.B. dazu), die nüchterne kommerzielle Klasse (Firmen, die sich präsentieren wollen, siehe z.B. Autohersteller, wobei da manche in Richtung Fenster-Overkill tendieren) und die designtechnische High-End-Klasse, die man z.B. bei vielen Clan-Homepages moderner PC-Spiele bzw. MOD-Entwicklerhomepages oder auch Grafikdesignhomepages findet.
Nachdem wir die ersten beiden genannten Typen mal getrost vergessen, sehen wir uns den Rest mal genauer an:
Die Mittelklasse: Meist mit Composern, überwiegend Frontpage gebaut, funktionieren diese Seiten in den meisten Fällen zwar, sehen aber alle irgendwie ähnlich aus und wurden vor allem von Leuten gestaltet, die nicht sehr viel Ahnung von Webdesign haben und sich daher auf dem sanften Kissen einer Office-Benutzeroberfläche ausruhen. Viele Vereinsseiten, Seiten von Handwerksbetrieben etc. wurden so meist von einem Mitarbeiter oder Gründer der einzelnen \"Körperschaften\" gebaut. Oft erscheinen hier noch Elemente aus der Amateur-Klasse (unpassende GIFs, umständliche Java-Menüs). Der Code ist meist ein Labyrinth aus sinnlosen und für menschliche Leser kryptischen Composer-Tag-Verteilungsgewohnheiten.
Kommerzielle Klasse: Hier legen Fachmänner (und Fachfrauen

) Hand an. Datenbanken, Benutzerlogins, sinnlose Browser- oder Flashspiele etc. pp. . Das Design ist meist gut bis sehr gut, die Übersichtlichkeit ist zumindest im Menü in den meisten Fällen gegeben, die Gliederung der Seiteninhalte kann dann je nach dem, wessen HP das ist, doch sehr variieren. Meist lange Ladezeiten sind der Preis für eine optisch ansprechende Gestaltung, die die Inhalte gut leserlich verpackt und Grafiken sinnvoll einsetzt, wobei da manchmal übertrieben wird.
Oberklasse: Designtechnisch und codetechnisch gute Seiten, meist von Leuten, die auch beruflich Ahnung von Webdesign haben, für Hobbys etc. gebaut. Auch der typische, erfahrene Autodidakt findet sich hier unter den Erstellern. Das Design ist meistens sehr gut auf den Inhalt abgestimmt, der sich einwandfrei gegliedert darstellt.
High-End-Klasse: Hier kommt man nun mit dem Modem nicht mehr weiter. Da wird mit umfangreichen Grafiken und raffiniert eingesetzten Flash-Animationen nur so um sich geschmissen. Meist kommt es dabei zu 70, 80 % auf die Optik an, Inhalte beschränken sich auf News, Tutorials und Foren, die an das Design angepaßt sind. Das ist auch vollkommen sinnvoll, den die Inhalte sind eben zu großen Teilen sehr augenlastig.
Sodala, wer es soweit gebracht hat mit der Lektüre von dem Stuß, den ich hier erzähle, wird wohl die eigentliche Message zwischen den Zeilen erahnt haben: In Punkto Webdesign kommt es immer drauf an, was der Zweck der Seite ist. Ist das Design nicht zweckmäßig, ist die Seite nicht durchdacht. Ist der Inhalt Stuß, ist die Seite grafische Angeberei, aber man kann auf sie verzichten. Die richtige Dosierung ist da entscheidend. Und genau hier kommt der Punkt: der typische Frontpage-User ist Anfänger auf dem Gebiet des Webdesigns und hat folglich auch keine Ahnung vom richtigen Einsatz stilistischer Mittel. Ergo sind die meisten Frontpage-Seiten Schrott. Das soll nicht heißen, dass man mit Frontpage nicht was ordendliches basteln kann, aber das Problem ist, dass auch der Code Schrott ist.
Dreamweaver zeugt meist insofern von höherer Fachkenntnis, als dass man sich von Frontpage entfernt hat. Der Code ist um einiges besser als der von Frontpage und wenn man nach dem Erstellen der Hp den Code noch mal Korrektur liest und alle sinnlosen Tags, die leider auch hier unweigerlich eingefügt wurden, rauskürzt, kann man durchdachte Seiten auf die Beine stellen. Auch sind Scriptsprachen und Flash etc. leichter zu integrieren als bei dem starren MS-alles-außer-Mircrosoft-ist-kacke-und-kommt-mir-nicht-in-den-Code-Fr ontpage-Müll.
Da wir nun schon bei Microsoft sind, noch meine Meinung zu der Sache:
Billyboy hatte vor langer Zeit, als alles in den Kinderschuhen stecke, ein glückliches Händchen und die Möglichkeit, das Steuer an sich zu reißen. Der untrügliche Gewohnheitsstumpfsinn der Menschscheit tat das übliche. Menschen lernen nicht gerne neues und kommen nicht gerne von einmal angelegten Standpunkten weg, deshalb ist Fortschritt, der die Masse betrifft, sehr schwer, wenn er nicht von Anfang an bequemlich ist. Ein praktischeres Betriebssystem macht zuerst einmal Arbeit und ist erst hinterher besser. Und der durchschnittliche Aldi-PC-Was-ist-eine-Systemsteuerung?-User wird die Qualitäten auch nicht zu schätzen wissen. Das ist überall so. Anderes Beispiel sind etwa die Computer-Tastaturen: Die QWERTY-Tastatur wurde so entwickelt, dass Buchstaben, die in der englischen Sprache besonders oft nebeneinander in Wörtern vorkommen, weit voneinander entfernt auf der Tastatur liegen. \"Sinnlos!\" mag man meinen, damals jedoch hatte das durchaus Sinn: Die Schlagköpfchen der Schreibmaschinen konnten sich somit nicht verklemmen, da es seltener vorkam, dass zwei direkt nebeneinanderliegende Schlagköpfen beinahe gleichzeitig getippt wurden. Es ist durchaus nicht so, dass nicht später Tastaturen entwickelt wurden, bei denen häufig nebeneinander gebrauchte Buchstaben auch nebeneinander liegen, wie es beim Computer ja ohne Probleme möglich und sinnvoll ist. Das Problem ist: Millionen von Sekretärinnen, Journalisten etc. weltweit haben keine Lust, nochmal Tippen zu lernen und für die Hersteller ist der Markt der Neuanfänger nicht rentabel da nicht groß genug. Also werden alle zukünftigen Generationen das sinnloseste Tastatursystem, das überhaupt möglich ist, treu und brav lernen. Und genau so werden alle zukünftigen Generationen treu und brav den Mircrosoft-Stuß lernen, einfach, weil das \"immer schon so war\" und deshalb natürlich gut sein Muß, frei nach dem gleichen System, wie manche Schlauköppe eine Partei nur wählen, weil Papi das eben auch schon so gemacht hat. Allerdings - und das ist doch mal was erfreuliches - ist grade der IT-Bereich nicht unbedingt von Sturköppen und Lernfaulen gepachtet, wie das bei anderen Sachen ist und somit noch eine Denkende Sorte Mensch. Es bleibt also zu hoffen, dass die ewige Gleichmacherei durch Mircrosoft durch eine gesunde Portion an Verstand eines Tages weit genug gebrochen wird, dass auch die Masse die Vorzüge anderer Software zu schätzen beginnt. Und dann wird Microsoft ziemlich schwere Zeiten erleben, da ihr Quasi-Monopol fallen wird. Ich werde an dem Tag sicher nicht weinen.