nachfolgend eine weitere, unser anliegen zwar offensichtlich ernstnehmnende, aber nicht wirklich hilfreiche antwort auf mein schreiben an den parteivorstand der spd (weiter oben in diesem thread):
Fraktion der SPD
im Deutschen Bundestag
Kulturpolitischer Sprecher
Eckhardt Barthel, MdB
Tel.: (030) 2 27 - 7 30 38
Fax: (030) 2 27 - 7 00 37
11011 Berlin, Platz der Republik 1
Herrn
[mein Name und Anschrift]
54296 Trier
Berlin, 4. Juli 2005
Abmahnungswelle gegen Betreiber von Internet-Seiten mit frei zugänglichen Liedtexten
Sehr geehrter Herr [mein Name],
Ihr Schreiben vom 21. März 2005 an Frau Andrea Nahles vom Parteivorstand der SPD wurde zuständigkeitshalber an mich weitergeleitet. In Ihrem Schreiben machen Sie auf die Problematik hinsichtlich der Abmahnungen von Betreibern von Internet-Seiten aufmerksam, die auf ihren Seiten Song- und Liedtexte frei zugänglich machen. Nach entsprechender Prüfung des Sachverhalts möchte ich Ihnen darauf antworten.
Mit dieser Problematik hat sich auch der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages schon mehrfach befasst und auch gegenwärtig fordert eine aktuelle Petition eine rechtliche Überprüfung dieser Vorgehensweise sowie eine Änderung der urheberrechtlichen Regelungen. Da dieses Petitionsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, möchte ich der Entscheidung des Petitionsausschusses und des Deutschen Bundestages auch nicht vorgreifen. Gestatten Sie mir aber einige kurze grundlegende Anmerkungen zu machen.
Grundsätzlich ergeben sich aus der angesprochenen Problematik zwei Fragen: Zum einen stellt sich die Problematik der sogenannten \"Abmahnwellen\", die teilweise als sehr kritisch anzusehen ist. Hier werden wir die Entwicklung sehr sorgfältig beobachten und prüfen, ob und welcher Handlungsbedarf besteht. Daneben aber steht die Frage des \"digitalen\" Urheberrechtes im Mittelpunkt. Das Urheberrecht steht angesichts sich ändernden Erfordernisse der Informations- und Wissensgesellschaft und der damit zusammenhängenden technologischen Entwicklungsdynamik (Digitalisierung, globale Vernetzung etc.) vor großen Herausforderungen. Aus diesem Grund haben sich die SPD-geführte Bundesregierung und die Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag bei der Anpassung des Urheberrechtes an die neuen Herausforderungen stets für eine sorgfältige Abwägung zwischen den legitimen Interessen von Urhebern und Rechteinhabern sowie den Anforderungen der Wissens- und Informationsgesellschaft und einer zeitgemäßen Kulturpolitik eingesetzt.
So wurden im Urheberrecht sogenannte Schrankenregelungen formuliert, die in einem engen Rahmen Wiedergaben und Vervielfältigungen ohne die Zustimmung des Urhebers erlauben, beispielsweise zum Einsatz an Schulen oder zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung. Die Rechte der Urheber werden jedoch auch hier durch eine angemessene Vergütung gewahrt. Diese Schrankenregelung sollen einen gerechten Interessensausgleich zwischen dem Urheber und Rechteinhabern auf der. einen und den Nutzerinnen und Nutzern auf der anderen Seite garantieren.
Ohne wie gesagt der rechtlichen Überprüfung durch den Petitionsausschuss vorgreifen zu wollen, sei jedoch die Anmerkung gestattet, dass es aus kulturpolitischer wie übrigens auch aus mittel- und langfristiger unternehmensstrategischer Perspektive zumindest hinterfragt werden sollte, ob der Weg über Abmahnungen von Betreibern derartiger Seiten wirklich als der richtige und einzig mögliche Weg. angesehen werden sollte, oder ob hier nicht auch etwas mehr Sensibilität - auch im Interesse des Urheberrechtes - notwendig wäre. Denkbar wäre doch beispielsweise auch, dass auch die Urheber wie auch die Rechteinhaber von dieser nichtkommerziellen Zugänglichmachung von Lied- und Songtexten profitieren könnten.
Wir werden bei den weiteren Beratungen bei der Umsetzung des zweiten Korbes der Urheberrechtsreform, mit dem die Vorgaben der EG-Richtlinie zur \"Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft\" umgesetzt werden sollen, sehr sorgfältig prüfen, ob hier weitergehender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Ziel muss es aber sein, zu einer einvernehmlichen Lösung zwischen den Urhebern und Rechteinhabern sowie den legitimen Interessen der Allgemeinheit zu einer erlaubnisfreien Nutzung von Werken zu kommen, ohne jedoch den verfassungsrechtlich verbürgten Eigentumsschutz auszuhöhlen und den Kreativen die Grundlage für die Verwertung ihrer Leistungen zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Eckhardt Barthel
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\"...brüh im Lichte dieses Glückes...\" (Sarah Connor-Nationalhymne) -
www.eifeljanes.de