Der Klassiker unter den Fehlhaltungen...
Mit diesem Problem habe ich fast täglich im Unterricht zu tun.
Wie einige Vorposter schon sagten, benutzt du zuviel Kraft. Das ist richtig. Aber nur ein Problem von mehreren...
1. Du überstreckst die Mittelhand. Ich habs mal mit roten Linien reingemalt. Besonders die Haltung des Mittelfingers macht Probleme: Da du die Mittelhand gerade lässt, mußt du dein Handgelenk fast im rechten Winkel halten, um überhaupt greifen zu können. Das ist unbequem, auf Dauer ungesund (Sehnenscheidenentzündung...etc) und auch der Grund für die schiefe Haltung des kleinen Fingers.
Tip: Mache eine \"hohle\" Hand. Stell dir vor, du willst mit der linken Hand Wasser schöpfen... Wie hältst du jetzt deine Hand? Die Gelenke der Mittelhand und die Fingergelenke sind
angewinkelt. Sonst läuft die Sauce weg und du musst verdursten ;-)
Wenn du jetzt diese Haltung der Hand mit leicht gespreizten Fingern auf die Gitarre überträgst, hast du richtige Haltung:
Dein Handgelenk ist gerade, deine Finger können mit der Fingerkuppe und
runden Gelenken bequem greifen.
2. Du greifst mitten im Bund. Hier brauchst du mehr Kraft und es schnarrt leichter. Die roten Kreise zeigen die Stellen, wo die Fingerkuppen greifen sollten. Näher am Bundstäbchen -> weniger Kraft -> besserer Ton.
Versuche generell keine Muskeln anzuspannen. Nicht in der Hand, nicht im Arm, nicht in der Schulter, nicht im Bein! Bleib locker!
:-)
Mal was Allgemeines zu diesem Thema:
Ich habe vor ein paar Tagen auf spiegel.tv eine sehr interessante
Doku über den Aufnahmetest an der Kölner Sporthochschule gesehen.
Was hat das jetzt mit Musik zu tun? Nix.
Aber mit Bewegung bzw. \"Bewegungskompetenz\". Die Professoren klagen über die Leistungen der meisten Anwärter; es sei sehr auffällig, dass es kein Mittelmaß mehr gebe, sondern nur sehr schlechte oder ein paar sehr gute. Eine Professorin erklärt das mit mangelder Förderung in der Kindheit, viele können gewisse Übungen gar nicht ausführen (und deswegen auch nie die Prüfung bestehen...), da viele Muskeln unterentwickelt sind und dadurch Fehlstellungen entstanden sind. Desweiteren sei kein Körpergefühl vorhanden. Viele wissen gar nicht, dass man bestimmte Körperteile überhaupt bewegen kann.
Um jetzt die Verbindung zur Gitarrenhaltung herzustellen: Diese Aussagen der Profs haben mich sehr an Probleme mit vielen meiner Schüler erinnert: Mir fällt auch auf, dass es immer mehr werden, die fast keinerlei Kontrolle über Gelenke in der Hand und Arm haben. Es gibt die wenigen, richtig guten Schüler, die die Haltung sofort verstehen und durch
Nachahmung sofort fast alles richtig machen. Dann gibt es immer mehr von Schülern, bei denen man Wochen bis Monate braucht, bis auch nur halbwegs die Haltung stimmt. Da hilft kein Vormachen, kein Führen der Greifhand, keine \"bildlichen\" Erklärungen... nix. Und die meisten sind noch nicht mal unmusikalisch. Sie haben einfach keine Kontrolle über ihre Finger und Gelenke. Ich bin überzeugt, die ein oder andere Sandkastenschlägerei im Kindergarten, Handwerken mit den Eltern oder Fingerhakeln oder Schwimmen hätten da nicht geschadet...