Also, um da mal was klar zu stellen, ich bin nicht aus der Personalabteilung. Ich bin daher auch nicht in diesen Dingen ausgebildet und kann daher auch keine wirklich verbindlichen Auskünfte geben.
Ich bin als technischer Leiter das, was man im Auswahlprozess einen Fachvorgesetzten nennt. In solch einem kleinen mittelständischen Unternehmen, wie wir es sind, findet eine Verauswahl nicht unbedingt durch eine Personalabteilung statt (die es ggf. auch gar nicht im schulbuchmäßigen Sinne gibt).
Dies ist ganz wichtig zu verstehen, da es in einem großen Unternehmen (ab 500 Leute, sag ich mal) doch noch ein wenig anders abgehen kann, was jedoch an den grundsätzlichen Anmerkungen nix ändert.
Es gilt das Prinzip: Ich muss nach MEINEM Bauch entscheiden (Das ist NIEMALS eine rationelle Auswahl), denn ich muss auch meinen Kopf dafür hinhalten ;D
Eins hatte ich noch vergessen: Die Anforderungen, die ich an eine Bewerbung stelle, ist natürlich von der Stelle abhängig. Während ich bei einem Dreher über Rechtschreibfehler oder unbeholfene Formulierung durchaus einmal hinwegsehe, sieht das bei einem Ingenieur, der das Unternehmen mal nach außen in der ein oder anderen Art vertreten soll, ganz anders aus.
Was das Praktikum angeht, stimme ich dem Tom voll zu. In Medienbranchen ist so etwas leider üblich (da ist Roxys Fall eine große Ausnahme), in der Industrie nicht unbedingt. Wir machen dies nur in Ausnahmefällen, ggf. würden wir bei einem Industriekaufmann 2 Wochen Probearbeiten zum gegenseitigen Beschnuppern vereinbaren.
Die Frage nach der Krankheit ... nun ja, das ist ein wenig schwierig hier zu beantworten und gehört auch vielleicht garnicht in breiter Öffentlichkeit diskutiert. Ich versuche mal eine Annäherung (die man auch aus meinem letzten Post fast schon ableiten könnte ;-) )
Die relevante Frage ist hier: inwieweit betrifft mich als Chef/Firma diese Krankheit überhaupt? Muss ich mit ständigen Ausfällen rechnen? Ist jemand damit schwerbehindert (positiv: keine Schwerbehindertenabgabe, negativ: erhöhter Kündigungsschutz)? Inwieweit überwiegen die Vorteile, die mir der Mitarbeiter mitbringt, die Nachteile?
Aus diesen Fragen lässt sich auch dann direkt die Antwort auf die Frage herleiten, inwieweit man das ganze offensiv in einer Bewerbung ansprechen muss.
Hier gibt es 3 Optionen:
Einfluss ist sehr groß: Ansprechen, es kommt eh raus
Einfluss ist da: Wenn das irgendwo aus den Unterlagen ersichtlich ist, ist mit offenen Karten gespielt und man muss das nicht mehr weiter hervorheben
Wenig Einfluss: Das kann man in nem Gespräch bei Bedarf immer noch ansprechen, kein Mensch ist dazu verpflichtet, seine \"negativen\" (wenn es denn so ist) Seiten herauszustellen.
Wie man sieht, sind solche Fragen einerseits nicht pauschal zu beantworten und andererseits die Antworten wenig spektakulär.
Ein Lesetip: Die Karriereberatung in den VDI-Nachrichten von Heiko Mell ist nach meiner Meinung eine absolute Pflichtlektüre (mindestens mal für Ingenieure, allen anderen, die in der Industrie arbeiten wollen, kann es aber nicht schaden). Ich muss hier Herrn Mell meine Hochachtung bezeugen, denn die Art, die Thematik so zu beschreiben wie in meinem ersten Post, stammt von ihm. Er bringt solche Dinge absolut auf den Punkt und für mich hat die Schreibe auch einen hervorragenden Unterhaltungswert.
http://www.vdi-nachrichten.com/vdi-nachr...lindex.asp
Stefan
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Es gibt zwei Arten von Menschen: Die einen kennen mich und die andern können mich (Adenauer)