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Nach dem Gehör spielen? - Druckversion

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RE: Nach dem Gehör spielen? - Alex10 - 06-06-2007

Hallo!

Heutzutage haben wir das Internet, und somit die Möglichkeit zu beinahe jedem Lied die Noten oder die Tabulaturen zu bekommen.

Früher hatten die Musiker diese Möglichkeit nicht (oder zumindest eher beschränkt). Sie mussten sich die Aufnahmen anhören, um ihre Lieblingssongs nachspielen zu können.

Nun zu meiner vielleicht komischen Frage:

Ist es sinnvoller sich nur die gewünschten Lieder anzuhören und nachzuspielen veruschen, oder ist es sinnvoll nur nach Tabulaturen zu üben.

Natürlich gibt es auch heute viele Leute die nach dem Gehör spielen, aber Personen wie ich, ich spiele seit ca. 1 Jahr Gitarre, tun sich schwer damit. Ich schaffe es zwar die meisten Powerchords zu hören und auch einzelne Töne (wie zB das Riff von Heartbreaker von Led Zeppelin.

Jetzt würde ich gerne eure Meinung hören: Spielt ihr nach Tabulaturen oder versucht ihr nur nach dem Gehör zu spielen.

Ich glaube die heutige Generation wird einfach schon zu faul!

Wann sollte man nach dem Gehör spielen? Oder ist eine Mischung am besten?

Ich habe mir schwer getan diese Fragen zu formulieren.:-D

Vielen Dank für eure Antworten.


- cyma2006 - 06-06-2007

Also als faul möchte ich mich nicht bezeichnen.... Warum sollte ich mir die arbeit machen, ein lied komplett herauszuhören, obwohl es im netz zig tabs dazu gibt? Zumindest die Grundstruktur versuche ich mir schon anhand der tabs anzulernen. Die Feinheiten gehen aber immer übers gehör! Wenn es mal keine transkription von einem lied gibt, ist es halt etwas mehr arbeit, aber wenn ich den song unbedingt spielen möchte, versuch ich mich solange daran, bis etwas brauchbares raus kommt :-D
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EDV-Systeme verarbeiten, womit sie gefüttert werden.
Kommt Mist rein, kommt Mist raus.

[Bild: staat.jpg]


- Gruselgitarre - 06-06-2007

Hi Alex,

eine interessante Frage. Als ich meine Gitarrenkarriere begann, gab es keine CDs und kein Internet. Ein alter Plattenspieler war mein einziges Hilfsmittel, Stücke herauszuhören, zu denen es keine Noten gab. Mit der Nadel am Ohr hörte ich stundenlang Stücke heraus. Bei klassischer Gitarrenmusik (von der ich Noten hatte) hörte ich mir die Fingersätze der Gitarristen von der Platte ab.

Außerdem gab es nur fünf Fernsehprogramme. Im Dritten lief immer so schöne Gitarrenmusik zu den Programmtafeln. Nach drei Tagen wilden Telefonierens mit den Fersehsendern bekam ich endlich heraus, dass es Musik von David Qualey war. Ich kaufte mir sofort die Noten und seine erste Platte (zusammen 35 DM, ein Vermögen...). Durch mein geübtes Gehör fiel mir sofort auf, dass er an vielen Stellen etwas anderes spielt, als in den Noten steht.

Und seitdem ist es so geblieben: Tabs und Noten unterscheiden sich oft erheblich vom Original. Ich höre auch heute noch viel heraus, einfach weil ich wissen will, wie der Gitarrist es wirklich spielt.

Grüße von Grusel


- reliewsche - 06-06-2007

Also, mal vorausgesetzt, man hat durchschnittliches Talent.

Ich denke, die Fähigkeit, Dinge herauszuhören kommt auch mit der Übung. Je mehr Lieder man gespielt hat, desto mehr Muster hat man kennengelernt. Was man nicht kennengelernt hat, fällt schwer, herauszuhören. Ich merke das immer dann, wenn ich etwas heraushören will, wo ich die Technik nicht \"kenne\". Dann finde ich keinen Ansatz um von dort weiterzuarbeiten.

Faulheit ist ein gutes Stichwort, ja das wird zum Teil gefördert. Allerdings gab es auch schon früher Liederbücher, wir haben auch nicht alles rausgehört. Und da gebe ich cyma recht: wenn ich es im Netz finde, mache ich mir auch heute noch nicht die Mühe. Ich kanns, aber wozu sollte ich.

Ich denke, das beides seine Berechtigung hat. Wer fragt, wozu man etwas heraushören soll, sollte sich selbst fragen, warum man beim Musik- oder Toningenierstudium auch Hörübungen auf dem Plan stehen hat. Ich kann versichern, das ist keine Schikane.
Heraushören heißt sowohl die Akkorde (Ich fange übrigens immer mit dem Basston an und wenn ich die Linie habe, \"bau\" ich da die Akkorde drauf). Zum anderen ist eben auch Rhythmik wichtig: Wo sind Betonungen, wie lang wird das gespielt (Stakkato oder ausklingen lassen). Dies mach viel an dem Sound berühmter Musiker aus. Und das kann keine Notation wirklich darstellen.

Letztlich muss jeder selbst wissen, ob er/sie es scheinbar einfach haben will oder musikalisch sich entwickeln will. Ohne Mühe geht es aber meines Wissens nach nicht. Von nix kommt nix.

Stefan
--
Es gibt zwei Arten von Menschen: Die einen kennen mich und die andern können mich (Adenauer)


- ov1667 - 06-06-2007

Zitat:Original von reliewsche:
...
Wo sind Betonungen, wie lang wird das gespielt (Stakkato oder ausklingen lassen). Dies mach viel an dem Sound berühmter Musiker aus. Und das kann keine Notation wirklich darstellen.
...

Einspruch! In Standardnotation ist das eine Standardfunktion Wink

Generell halte ich es nicht für sinnvoll, NUR das Eine oder das Andere zu tun. Ein geübter Heraushörer kann schnell mit anderen mitspielen, ein guter Noten- oder Tableser findet schnell Anhaltspunkte, Dinge zu üben, bei denen ein Nur-Hörer gleich die Flinte ins Korn wirft.

Es gibt halt immer einen Mittelweg zwischen schwarz und weiß ...

Gruß, Jens
--
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What do you get when you throw a piano down a mine shaft?
A flat minor!


- Mjchael - 06-06-2007

[edit]
8o
OV war eine Minute schneller... und wie man liest sind wir beide einer Meinung! :p
[/edit]

Wer gut raushören kann, braucht eigentlich keine Tabulaturen.

Wer gut Tabulaturen lesen kann braucht nichts herauszuhören.

Lieder mit drei Akkorden kann man schon nach den ersten paar Stunden versuchen aus dem Bauch heraus zu spielen.

(Bei drei Akkorden gibt es jeweils für den nächsten nur eine 50 zu 50 Chance. Try and Error. )

Aber lernen tut man echt schneller mit Tabs.

Nur - ein richtiges Gefühl für Harmonie und so was geht nur durch auswendig spielen und heraushören. Sonst lernt man es nie aus dem Bauch heraus zu spielen.

Ich meine,
das eine sollte man tun,
und das andere nicht lassen.

:p mjchael
--
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- reliewsche - 06-06-2007

@ ov ... musst du mir denn immer widersprechen ...;D

Jep, an sich korrekt. Aber hast du mal manche Picking-Stücke korrekt notiert gesehen, insbesondere OT, mit Noten, die vorgezogen oder in den nächsten Takt gezogen werden ... lesbar ist was anderes. Samt dem Unfug, den man mit Chicks und Plocks ( :-D ) noch machen kann, wo ich nicht mal weiß, wie ichs notieren soll.

Und ganz ehrlich, wenn ich notiere, ich machs nicht ordentlich - ich schreibs auf und nehms auf. Wer meine Stücke spielen will, muss halt hören ...
...
...
Gut, der letzte Satz hat jetzt keine große Relevanz ;D

Stefan
--
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- ov1667 - 06-06-2007

@Stefan

Naja, Sigi Schwab synkopisiert auch gerne vor sich hin und bei ihm sind die Noten schon noch lesbar. Tabs haben in punkto Fingersatz ebenfalls ihre Vorteile. Bei den Perkussionseinlagen von TE oder Feedbackorgien a la Hendrix (wie notiere ich eine brennende Gitarre?) oder auch Sampler-Spielen eines Phil Keaggy wird es schon schwieriger.
Aber wie schon geschrieben: die Mischung machts. Ich kann ja auch beim lesen lernen und muss dann zukünftig vielleicht weniger lesen.
Wundern tue ich mich eher, wenn nach Tabs für sehr ähnliche Stücke gefragt wird. Da denke ich schon \"kann ich einen, kann ich alle\" aber jeder lernt auch ein bisschen anders.

Gruß, Jens
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