Das ist, nehme ich an, von Harald Schmidt.
Passiv rauchen
In der Bahn reise ich neuerdings gern im Raucherabteil. Nicht im Großraumwagen, wo der Qualm sich wirkungslos verteilt. Sondern im klassischen Abteil, wo es so zugequalmt ist, dass man erst nach einigen Minuten ungefähr abschätzen kann, wie viele Reisende sich im Raum befinden.
Das Leading Raucherabteil of the World befindet sich jedoch zweifellos in der Spitze des ICE, unmittelbar hinter dem Lokführer. Luststeigern wirkt es, wenn zwei ICE zusammengekoppelt sind und man rückwärts von Köln nach Frankfurt rast und gewissermaßen führerlos auf den Triebkopf des hinteren ICE schaut, wo ebenfalls eine hohe Raucherdicht vermutet werden darf.
Den Rauchern gehört meine tiefe Sympathie. Ich selbst rauche nicht mehr. Wegen Kopfweh und Husten und Scheißgeschmack im Mund und so. Aber in Zeiten von Blutdruckwochen, Darmmonat und Body-Maß-Index haben die gnadenlosen Überzeugungsqualmer unsere tiefe Bewunderung verdient. Ich rede nicht von den blöden Teenies, denen das erbarmungslos veralterte Arschgeweih jetzt als Stempel ewiger Blödheit morgens aus den Jeans quillt, während sie sich an der Bushaltestelle eine anzünden. Das sind leidenschaftslose Moderaucher, so wie Heteros aus Ostwestfalen, die plötzlich tölen und schwuchtelig mit der hand winken, bloß weil sie ein Praktikum in einer Filmfirma machen.
Meine Bewunderung gilt der Rauchergeneration 50plus, die sich trotz gelber Augen, grauer Haut und Atemnot morgens um sieben im ICE genüsslich eine anzündet. Kein anbiederndes „eigentlich wollte ich schon lange aufhören“. Keine dienerische Geste im Sinn von „Weiß, es ist schwachsinnig“. Mit traumwandlerischer Sicherheit wird die Kippe angesteckt, noch bevor der Zug den Bahnhof verlassen hat. Tief sauge ich den Passivrauch in die Lungen und hoffe, dass mein Anzug später nach Rauch riecht. Nach kaltem. Noch lange.
Geraten zwei Raucher ins Gespräch, so auf der Höhe von Siegburg, dann kommt es meistens schon in den ersten Tunnels zum Dreiklang aus Sprechen – Husten – Schleimschlucken. Von mir innigst herbeigesehnt. Denn echte Raucher geraten dadurch nicht aus dem Rhythmus. Ebenso wenig durch die Variante Lachen – Würgen – nach Luft ringen.
Die Bundeskanzlerin sollte ihre Ministerpräsidenten mit einem Raucherschutzprogramm überraschen. Mit Helmut Schmidt als Kommissionspräsident. Man kann es förmlich riechen: Je mehr Nichtraucher, desto größer die Politikverdrossenheit. Ein Ludwig Erhard, ein Willy Brandt haben die Wähler förmlich in die Kabinen hineingesogen, mit jeder Fluppe, die sie sich in ihr Volksparteivorsitzendengesicht gesteckt haben.
Saubere Luft und keine Wähler – das geht an die Wurzeln unseres demokratischen Systems.
Feuer?
--
liederliche Grüße
Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
http://members.stasny-edv.at/charly/