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Souveränität bei Liveauftritt! - Druckversion

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RE: Souveränität bei Liveauftritt! - Skydan - 23-01-2008

Hallo liebe Mitgenossen,

Mein Gedanke \"Bin ich überhaupt fürs Livespielen tauglich?\" hat mir demletzt doch sehr stark zu denken gegeben und ich möchte gerne mal eure Meinung und Ratschlag wissen. Es kann jedenfalls nicht sein, dass ich mein geliebtes Hobby wegen eines solchen Erlebnisses ernsthaft in Frage stelle! ...

Ich habe ein für meine Verhältnisse leichtes bis gehoben leichteres Solo demletzt bei einem Liveauftritt gespielt. Dabei habe ich es einmal richtig verhauen ... richtig schade und irgendwie hat mich das sehr nachdenklich gemacht. Ich habe das Solo wochenlang vorher fast jeden Tag bis zum erbrechen geübt ... zu Hause und auch im Proberaum war es so gut wie kein Problem, es ging mir locker aus der Hand. Doch dann, beim Auftritt ging es mehr oder weniger schief, trotz dessen, dass es relativ leicht war. Aufgeregt war ich eher weniger, da das Solo erst nach einigen Liedern kam, also hatte ich genug Zeit um mich an die Bühne und das Puplikum zu gewöhnen. In dem Moment, wo die anderen eher ruhig waren und ich an der Reihe war, ging es irgendwie schief ... meine Hände haben nicht gezittert, aber mir schien es, als wäre die Motorik komplett flöten gegangen und meine Finger klebten förmlich auf den Seiten, sie ließen sich nurnoch wie eine zähe Maße bewegen ... einfach grauenhaft!

Jetzt frage ich mich und euch: Woran liegt das? Und was kann man tuen, damit genau das nichtmehr passiert?

Mein Gitarrenlehrer sagte einmal, dass man:

1. bei einem Liveauftritt nur ca. 30%-40% von seinem derzeitigen Können effektiv auch einsetzen und sich dessen bedienen kann, und

2. um Patzer und Solo-Niderlagen zu vermeiden, man nie Sachen spielen soll, die an der persönlichen Können-Grenze liegt, sondern man eher immer in einem niedrigeren Niveau spielt, damit man das, was man spielt, auch gut, routiniert und fehlerfrei tuen kann.

Liegt es jetzt also wirklich nur daran, dass ich allgemein zu wenig übe und vorallem mein allgemeines Niverau, gemessem an diesem Solo noch zu niedrig ist? Muss ich also mein Können allgemein steigern, um ein Solo von niderem Niveau gut spielen zu können? Ich meine: Wenn ich jetzt vor nem Puplikum stehe und ein G-Dur spiele krieg ich das doch auch fehlerfrei hin, das stellt für mich ja kein Problem dar, weil es für meine Verhältnisse das leichteste ist, was es gibt ...

Ich brauche echt mal jemand, der mir den Horizont erweitert! Thanks!

Daniel


- JeffSmart - 23-01-2008

Also ich bin jetzt noch nie live aufgetreten deswegen weiß ich nicht ob dir das hilft: Aber ich würde mal vermuten, dass das was dein Gitarrenlehrer sagt schon stimmt...aber das würde ja auch eigentlich eher auf nervösität oder so zurückzuführen sein, du sagst ja aber dass das nicht der Fall ist bei dir...also ist es schon ein bißchen komisch Wink

Generell würde meine Herangehensweise an die Sache so sein, dass ich versuchen würde, dass du das was du spielen willst, so spielen kannst, dass du dich nicht mehr auf das was du spielen musst konzentrieren brauchst um es richtig zu spielen.

Also keine Ahnung, guck währendessen Fernsehen oder unterhalte dich mit jemandem und wenn dus trotzdem fehlerfrei spielen kannst ohne dich eigentlich richtig drauf zu konzentrieren, dann würd ich sagen isses bühnenreif :-D

Aber wie gesagt, ich hab ja eigentlich kein Plan, das is nur so ne Idee die ich ausprobieren würde, vielleicht hilfts dir ja was...
--
\"Everything sucks, you might as well find something to make you smile.\"


- Rotrose - 23-01-2008

Hm.. Also ich würde tippen, dass es nicht an deinem Können oder Nichtkönnen liegt, sondern viel eher an deiner Einstellung.

Ich vermute mal, dass du den Auftritt zu ernst genommen hast und dich daher verspielt hast.

Man kennt das ja: Sitzt man allein Zuhaus ( natürlich wenn >keiner< zuhört ^^ ), dann spielt man für seine Verhältnisse am Besten.
Und grad dann sind wir auch entspannt, weil es um nix geht - es hört uns ja keiner.

Du musst versuchen dieses \"scheiß drauf Gefühl\" auf der Bühne zu haben. Natürlich soll dir nicht alles egal sein, das ist klar. Nur wäre es vielleicht eine Möglichkeit dich zu fragen was du zu verlieren hast.

Ich zum Beispiel habe wenn ich wo auftrete Tempoprobleme. Die habe ich aber nicht mehr nach ein paar Bier - verstehst du was ich meine? :-D

Gruß,

Rotrose
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\"Viel zu schön hier auf der Erde, viel zu schön für ein Leben in ner Hammelherde\" - Stoppok


- AndyTheke - 23-01-2008

Mit den Prozentzahlen hat - IMHO - dein Gitarrenlehrer recht.
Nie auf der Bühne an die Grenzen gehen. Wenn du das Solo wochenlang übern musstest, dann ist das vllt. 80%, also zu viel.
Allerdings habe ich auch schonmal geschrieben: Fehler auf der Bühne passieren. 1. Hört das 80% des Publikums nicht, denn sie wissen ja gar nicht, was du spielen wolltest. 2. Wenn ein Feheler so dermassen gravierend ist, dass der Song gar nicht mehr vorangeht, dann mit nem coolen Spruch abbrechen. Erzähl denen was vom guten guten Oberstorfer Südhang, den du geraucht hast, der kommt ja immer später.... Manchmal hättest du das Solo erst angefangen, als der Song schon vorbeiwar etc.... Oder du beschwörst mit dem Publikum die bösen Sologeister, die dir die Finger festgeklebt haben. Scheissegal, einfach improvisieren.

Und schon wird wieder vorm Solo eingesetzt, und der Gig geht weiter...
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- Andy63 - 23-01-2008

... immer dann, wenn es dir egal ist... bist du am Besten!

Ich trete auch nicht vor Publikum auf... zumindest nicht als Musiker, aber ich kenne das Phänomen was du beschreibst auch. Ein Stück, 1000x mal locker mit links gespielt klappt auf einmal nicht mehr, wenn die \"recording\"-Taste leuchtet! ;D

Das Prob liegt nicht an deinen Fähigkeiten, sondern im Kopp. Zuviele Gedanken darum, es auch ja gut hinzubekommen, verhindern ein befreites lockeres Spiel. Also: an der mentalen Einstellung arbeiten, wenn es ohne \"Publikumsdruck\" doch immer gut geklappt hat.

Gruß, Andy
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- Searcher - 23-01-2008

dem andy voll zustimmm ...
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Solist , steht der nett immer alleine herum ?


- Roneon - 23-01-2008

Das mit der Recordinglampe kann ich 1:1 bestätigen! Sobald das blöde Ding leuchtet, ist es, als wenn ich Sch*** an den Fingern hätte. Letzten Montag war ich erst wieder im Studio um für 3 Songs meine Cleanparts einzuspielen. Es war einfach nur grauenhaft.

Live habe ich auch so meine Probleme, bin da aber in der Band nicht der einzige. Unser Sänger vergisst komplette Strophen, er singt dann einfach die erste nochmal oder Lines die ihm gerade einfallen. Merkt außer uns und den Spielerfrauen kein Mensch. Ich selber greife hin und wieder entweder einen falschen Akkord oder ein gekonntes Schiss-Moll, aber auch das hat außer den treuen Fans noch NIE einer gehört. Ich habe zum Glück nur ein einziges Solo und das ist wirklich megaeinfach und ist bislang immer gelungen.

Unser Basser geht mit der Einstellung auf die Bühne: \"Ich kanns doch\". Mehr sagt er dazu nicht als wir uns über eben dieses Thema unterhalten haben. Der ist einfach arschcool und das komplett ohne Alk, Drogen oder sonstiges mentales Training. Unheimlich der Mann. Der Sack hat sich auch noch nie verspielt.

Ansonsten kann ich Andy nur beipflichten: \"The Show must go on\". So derbe ins Mett hauen dass es gar nicht mehr weitergeht passiert wirklich super selten, oder solte super selten passieren. Im Normalfall kommt man wieder rein. Uns ist es erst einmal passiert. Da hat die Kommunikation zwischen Sänger und Drummer nicht geklappt und der Drummer hat so richtig daneben gehauen. Aber das passiert. Mit nem lockeren Spruch durchs Mikro kommts wieder ins Gleichgewicht. DAS IST LIVE! Lass Dich also davon nicht beirren! Mach weiter! Trink zur Not mal ein oder zwei Weizen vorher. Dann klebt kein Finger mehr (ist kein Witz!).

Gruß vom Roneon
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Selbstmord ist kein Auxweg!


- fisch - 23-01-2008

\"\"\" So derbe ins Mett hauen dass es gar nicht mehr weitergeht passiert wirklich super selten, oder solte super selten passieren. Im Normalfall kommt man wieder rein \"\"\"

;D ;D ;D


:fish:
--
Blubb.....Blubb °

http://www.myspace.com/fisch58


- Roneon - 23-01-2008

@Fisch: :-D Geschickte Wortwahl, oder? ;D
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Selbstmord ist kein Auxweg!


- Skydan - 23-01-2008

Ach ihr seid echt klasse, kaum poste ich meine Seelennot und schon sind gleich 8 Posts geschehen - vielen, vielen Dank euch allen!

Ich stimme euch zu, es ist tatsächlich so, dass ich das Solo nicht im Schlaf kann ... schon garnicht ohne hinzugucken oder was anderes währenddessen zu machen. Ich habe dem Solo in dem Lied eigendlich auch nur zugestimmt, weil es richtig schön klingt und ich ja auch alleine oder während den proben keine Probleme hatte - ich konnte nicht wissen, dass mich das im Livebetrieb so ankotzt! Die lange Übungszeit lässt also doch deutlich darauf schließen, dass es die 30-40% übersteigt ... richtig.

Ihr kennt mich ja nicht persönlich, aber ich bin doch ein sehr starker gewissenhafter Mensch, der seine Sache sehr gut machen will. Ein typischer Perfektionist, der als Gitarrist eben auch alles richtig machen will - Daher kommt warscheinlich auch der Druck auf der Bühne, dass du es den 500 Leuten vor dir allen recht machen willst. Natürlich bin ich dann nicht locker und weit entfernt von einer \"is-mir-alles-egal-Mentalität\" ... ich muss also einen Trick finden, wie ich einfach lockerer werde, sowohl physisch als auch mental! ... Danke für den Tipp mit dem Bier, aber ich vertrag davon genauso viel wie ein Chinese oder Indianer ... Wink Thumbs

LG Daniel


- loner - 23-01-2008

der thread ist gut - da ich demnächst n live auftritt hab ^^.
Einen hat ich schon, da hats aber geklappt mit den soli.... aber wirklich dank den paar bier vorher glaub ich weil dann ist das echt locker.

Ich wollte an dieser stelle (soveränität...) noch ne andre frage stellen.
Wie verhält sich eurer meinung nach ne band die \"abgeht\".
Wie zeigt eine gute band, das sie \"engagiert\" ist/spielt?
durch rumspringen, rumgehen, blickkontakt zum publikum, ja wie macht man das das man gut rüberkommt?
eas gibt ja acuh viele bands da stehen die bandmitglieder einfach nur rum , jeder guckt auf sein instrument. sowas finde ich langweilig. aber trotzdem gibt es gute bands die troz wenig sportlicher betätigung einfach nur rocken. warum?


- JeffSmart - 23-01-2008

Also ich war letztens auf nem Konzert von den Decemberists(kann ich nur empfehlen!!) und das war absolute klasse obwohl der sänger sich zweimal im text geirrt hat Wink

Ich glaube sowas wie Rumhüpfen oder so ist nicht wirklich wichtig, okay, wenn man wie ein Ölgötze dasteht/sitzt kommts auch nicht gut rüber aber man soll ja Musik machen und keinen Sport.

Was wirklich wichtig ist, ist das man das Publikum ein bißchen miteinbezieht, also sie was singen lässt (geht ja auch wenn sie die texte nicht kennen, ein bißchen \"ooh-ohh\" oder so geht immer Wink) oder ein kleinen Witz zwischendurch erzählt oder sonstirgendwas.
Ich glaube wirklich vorbereiten kann man sowas nicht, das kommt auf Improvisation, Spontanität und voralldingen Erfahrung an.

Was die Decemberists z.b. gemacht hatten war: das publikum aufsplitten und dann eine art Schrei-Kanon veranstalten, oder sie irgendwas singen lassen bei nem song.
Bei einem Intro z.B. hat ein Fan ganz laut gejubelt worauf der Sänger zu ihm meinte \"What are you cheering for? The song hasnt even started, it could be anything!\" und angefangen hat \"Raindrops keep falling on my head\" zu singen :-D

ich denk mal es kommt auch drauf an für wieviele man spielt, was man machen kann und was nicht...

Also als Fazit würd ich sagen, sind ein paar kleine lustige Einlagen immer besser als Rumgehüpfe auf der Bühne. Wichtig ist nur finde ich, dass man es nicht übertreiben darf, die leute kommen ja schließlich um Musik zu hören und nicht um irgendwelche Gags zu sehen Wink
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\"Everything sucks, you might as well find something to make you smile.\"


- Anke-mB - 23-01-2008

.... apropos Bier...

ein bis zwei kleine Bierchen schaden sicherlich nicht... im Gegenteil... tragen eher zur lockeren Einstellung bei. Aber dann muss auch Schluss sein, denn je nach Tagesform kann das dritte oder vierte Bierchen genau das Gegenteil von dem bewirken, was man eigentlich will... nämlich die Fähigkeit der genauen Koordination der Finger herabsetzen. Das ist dir dann zwar scheißegal... ;D aber dem Publikum vielleicht nicht....

Gruß, Andy
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\"nicht die Sterne bestimmen unser Schicksal, sondern unser Handeln\" (Shakespear)


- Andy63 - 23-01-2008

Zitat:Original von loner:
.....
eas gibt ja acuh viele bands da stehen die bandmitglieder einfach nur rum , jeder guckt auf sein instrument. sowas finde ich langweilig. aber trotzdem gibt es gute bands die troz wenig sportlicher betätigung einfach nur rocken. warum?


Gute Frage! Ich denke, dass das Wichtigste ist zu vermitteln, dass man Spaß daran hat, was man gerade tut. Also nicht mit dem Motto dastehen: \"seht her, was ich kann\" sondern \"kommt lasst uns zusammen Spaß haben\".

Ich finde aufgesetzte Spaßigkeit jedoch gaaanz übel! Man merkt sofort, wenn der \"Entertainer\" da auf der Bühne nur rumdallert um dem Publikum zu gefallen, oder ob er Spaß daran hat
mit dem Publikum zu spielen.

Fazit: nicht schauspielern, sondern so sein wie man immer ist. Außerdem muss man schon extrem gut auf seinem Instrument sein, um nebenbei noch zu schauspielern.
Der Funke springt dann ganz von selber über.

Gruß, Andy
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- Jemflower - 23-01-2008

Meine Erfahrungen decken sich da mit denen der Vorredner, sowohl beim Aufnehmen als beim Auftritt.
Erst mal muß man sowieso warm werden. Wenn das nicht geht wird die erste 4tel Stunde gruselig.

Die Anspannung macht es einfach doppelt schwer.

Aber selbst Profis verreissen zuweilen, vergleich mal live und Studio, das sind eher Ausnahmen, die fehlerfrei im gleichen Tempo alles hinkriegen.
--
Mach das Glas zu Eis, das schmilzt wenn man es berührt
Doch Menschen ohne Stern sehen nicht, wie das passiert